Aufarbeitung unserer Tour nach Gwangju


Mittlerweile bin ich wieder zuhause und leide noch sehr am Jet Lag und an Fernweh. Ich vermisse Seoul sehr und natürlich meine neuen Freunde.
Um ein echtes Fazit meiner Reise zu schreiben ist es noch zu früh. Ich bin noch sehr durcheinander und arbeite hart daran zu mir und zu meiner Familie zurück zu finden.
Trotzdem möchte ich ein bisschen was schreiben. Und zwar erzähle ich euch von diesem ganz besonderen Tag in Gwangju.

Jacob hatte es tatsächlich geschafft und einen Volunteer für mich gefunden.  Rapahel hielt ebenfalls sein Versprechen und begleitete mich und Byungho nach Gwangju . Wir starteten gegen 8:30 Uhr.  Der Weg war relativ unkompliziert, wir mussten nur einmal von der U-Bahn in den Bus umsteigen.  Da dieser angenehm leer war,  hatten die beiden Jungs Gelegenheit die Akten nochmal durchzusehen und unser Vorgehen zu planen.  Zuerst wollten wir eine kleine Polizeistation im Süden der Stadt aufsuchen,  weil in der Nähe das Communitycenter ist.  Das ist eine kleinere Version des Rathauses.  In der kleinen Polizeistation konnten sie uns allerdings nicht wirklich helfen. Dort hatten sie nämlich nichtmal Computer.   Sie rieten uns nur,  es in der nächsten etwas größeren Station zu versuchen. Wir hinterließen also einen Flyer und machten und auf den Weg zu besagter Polizeistation.  Dort verfügten sie tatsächlich über einen Computer mit Internetanschluss sogar,  waren aber trotzdem eher hilflos.  Aber immerhin waren sie bereit eine erneute polizeiliche Suche nach meinen leiblichen Eltern in die Wege zu leiten.  Das ist eigentlich eher unüblich und benötigt normalerweise einen größeren Papierkrieg,  Byungho hat aber verbissen darum gekämpft und durfte am Ende das Formular für mich ausfüllen.  Anschließend erfragten wir uns den Weg zum Communitycenter und suchten auf Anraten verschiedener Quellen nach einem Taxi. Das erwies sich allerdings als unerwartet schwierig.  Selbst per Anruf war nichts zu machen.  Wir liefen also etwas ratlos umher und stießen dabei auf das Büro eines Immobilienmaklers.  Meine Jungs sind natürlich geistesgegenwärtig reingegangen,  um zu erfragen,  ob ihm das Hotel bekannt sei.  Der Makler war zwar sehr in Eile,  suchte uns aber trotzdem die Telefonnummer und die Adresse eines Büros raus,  das sich um die Verwaltung und den Verkauf von Hotels kümmert.  Praktischerweise war es ebenfalls im Communitycenter zu finden,  unpraktischerweise gab es noch immer kein verfügbares Taxi.  Wir stiefelten also weiter in der Sonne herum.  Es war wirklich einer der heißesten Tage mit etwa 30°C im Schatten.  Von Schatten konnten wir aber nur träumen.  Außerdem konnten wir unseren Weg bald nicht mehr fortsetzen,  weil er über eine Schnellstraße führte, die keinen Fußweg hatte.  Raphael versuchte es sogar per ausgestrecktem Daumen aber so richtig populär scheint diese Geste in Korea nicht zu sein,  schlossen wir aus den Gesichtern der Fahrer in den vorbeifahrenden Autos.  Ich glaube nicht wenige von ihnen haben sogar beschleunigt.  Wir hatten trotzdem Glück, denn ein Taxi bog in die Straße und nahm uns auf. Wir waren erleichtert,  dass uns ein langer Fußmarsch erspart geblieben ist.  Und wir waren sehr erstaunt, dass wir nach ca. dreiminütiger Fahrt am Ziel waren. Ach,  was haben wir gelacht.  Ich muss noch immer grinsen,  wenn ich daran zurück denke.  Byungho fand schnell einen Ansprechpartner und für uns hieß es warten.  Am Schreibtisch wurde getippt und geblättert,  es wurden Anrufe getätigt und alte Dokumente aus dem Archiv geholt.  Ganz offensichtlich waren sie in diesem Büro wirklich bemüht etwas für uns zu finden. Die Wartezeit dehnte sich für mich schier unendlich. Ich wollte mir keine Hoffnungen machen und doch glomm ein kleiner Schimmer in mir auf,  als ich die alten Dokumente vor mir sah und immer mehr Angestellte für uns arbeiteten.  Nach einer gefühlten Ewigkeit kam jemand zu uns an den Tisch und erklärte uns was es mit dem Hotel Kyung Heung Inn auf sich hatte.  Es hätte in der Stadt drei Hotels mit diesem Namen gegeben,  es schien ein Begriff für diese Art von Unterkunft zu sein,  denn der offizielle Name des Hotels sei anders.  Das erste,  das in dem ich gefunden wurde existiert nicht mehr, das zweite wurde gerade von einem jungen Mann übernommen und das dritte,  das Golden Hotel gibt es noch und wird von einem alten Mann geführt.  Sofort fragte Byungho (da er sich selbst Lee nennt,  werde ich das nun auch machen)  Lee fragte also sofort nach dem Namen und Kontaktdaten des Mannes und hatte Glück.  Er hat ihn erreicht und wir konnten ihn treffen.  Als wir dann noch erfuhren, dass mein altes Hotel nun als Kindergarten genutzt wird und noch intakt sei,  brachen alle Dämme.  Ich war wirklich oft den Tränen nahe aber so richtig laufen wollten sie nicht.  Aber dort mitten im Büro mit lauter befremdlich dreinblickenden Fremden habe ich geheult wie ein Schlosshund, so richtig mit Schniefen und Rotz und diesem Heulschluckauf den man dann bekommt.  Lee war sichtlich überfordert und suchte schnell das Weite,  um andere Informationen zu finden.  Aber Raphael blieb bei mir,  nahm mich in den Arm und tröstete mich.  Das tat mir sehr gut.  Als ich dann soweit wieder hergestellt war, warteten wir auf ein Taxi und ließen uns an den Ort des Geschehens bringen.  Wir stiegen an der Hauptstraße aus,  direkt vor der Straße in der ich gefunden wurde und die ich jahrelang gesucht habe.  Bevor wir allerdings das Gebäude ansahen nutze Lee die Chance und interviewte ein paar alte Leute,  die vor einem alten Laden saßen. Sie kannten das Hotel auch und auch den alten Mann vom Golden Hotel. Und dann kam der Moment der Wahrheit.  Wir gingen ein Stück die Straße entlang und standen schon bald vor einem großen Haus in freundlichem Blau gestrichen aus dem fröhliche Kinderstimmen drangen. Ich glaubte mich endlich am Ziel und fotografierte und wünschte mir so sehr,  dass dieses hübsche Haus,  in dem Kinder so fröhlich sein konnten,  wirklich das Haus war in dem ich gefunden wurde.  Aber es sollte anders kommen….