Immer wieder sonntags

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Gestern waren wir alle fünf in Bremen bei der koreanischen Gemeinde. Und es hat wieder richtig Spaß gemacht. Die Kinder hatten dort auch soviel Spaß . Im Gottesdienst gab es in dieser Woche das Abendmahl. Ich war erstaunt, dass auch die Kinder daran teilnehmen durften. Das hat mirnaber gut gefallen. Ich selbst habe es mir nur angeschaut. Es war interessant zu sehen, wie das in Korea gehandhabt wird. Nun werdennwir versuchen diese Kirche zu einem festen Termin für uns zu machen. Es tut mir gut dort zu sein. Und ich finde es sehr schön, wenn die Kinder schon jetzt etwas dieser fremden Seite erleben können. So wird es keine fremde Seite, sondern ein ganz normaler Teil ihres Lebens werden. Natürlich gab es etwas zu essen. Und davon reichlich. Es wurde gegrillt, ich bin nicht sicher, ich glaube es war Rind- und Schweinefleisch. In Korea gibt es keine riesigen Steaks auf dem Grill, sondern ganz dünne Scheiben, die dann mit einer Schere zerkleinert werden. So passen sie wunderbar mit einem Klecks Bohnenpaste und Reis auf ein Sesamblatt und mit einem Haps in den Mund. Ich liebe es. Dazu natürlich Kimchi, Salatblätter und frische Gurken. Für dir Kinder gab es auch Würstchen und kleine Sticks mit Oliven, Tomaten und Käse oder Oliven, Trauben und Bockwurst.

Viele haben mich auf meine anstehende Reise angesprochen und mir alles Gute gewünscht. Es ist schön, wie herzlich aufgenommen, wir uns dort fühlen.

Diese Woche möchte ich noch ein paar Babysachen zu SangAh bringen und Michael darf mit Hyungo ein bisschen basteln auf Männerart. Er hat gestern eine Packung Non Shim Ramyun bekommen, eine scharfe, sehr scharfe, richtig scharfe Nudelsuppe. Ihr könnt es ja mal in Youtube eingeben. Ich bin gespannt, ob Michael sie schafft.

Wenn ich meine Beiträge durchlese, habe ich das Gefühl als Vorbereitung auf die Reise würde ich nur essen. Aber vielleicht ist das auch ganz gut so. Dann wird mir das Essen dort nicht ganz fremd vorkommen und mir die Schnitzel nicht so sehr fehlen.

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Die magische Sieben ist gefallen. Jetzt ist es offiziell: es ist keine Woche mehr hin, bis zum Abflug. Keine Woche? Keine Woche, ich glaub mir wird übel,…ich bin noch immer so aufgeregt. Ob die Aufregung noch größer werden kann? Ich hoffe nicht, dann würde ich wahrscheinlich den Rest de Zeit mit einem Eimer auf den Knien auf der Toilette verbringen. Aber es macht sich auch ein bisschen Vorfreude breit. Ich werde bestimmt viel sehen und erleben. Und auch nette Menschen kennen lernen. Ein ganz besonderes Abenteuer und mein größtes bisher.

Gestern Abend:

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Nächsten Sonntag sitze ich drin. Irgendwie ist es doch noch schwer zu begreifen.

 

Schon wieder leckeres Essen

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Heute war ich alleine bei den Koreanern.  Und die liebe SangAh hat mir ihrem riesigen Kugelbauch in der Küche gestanden und etwas ganz Tolles vorbereitet.  파선 Pajeon nämlich,  das sind koreanische Pfannkuchen.  Die Koreaner backen alles mögliche in ihre Pfannkuchen, heute waren sie mit Babytintenfischen,  Surimi (glaube ich),  Chilis und, mmmhhh Sesamblättern gefüllt.  Das ist so unglaublich lecker,  das möchte ich unbedingt in Korea probieren.

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Übrigens hat Hyongu nach einer Weile ein Messer geholt,  um die Biester zu zerkleinern. Die liebe Mi-Ji wird verstehen warum. (Montag habe ich mit ihr Pajeon im Korea Haus gegessen.)   Wie das mit Stäbchen gehen soll,  ist mir ein Rätsel.  Und schon sind wir bei meinem heutigen Lieblingswort :포크 Pokeu –  Gabel. Ich muss also beim Essen immer  포크 주세요  Pokeu juseyo sagen oder alternativ verzweifelt gucken.  Bei meiner Aussprache wird vermutlich Letzteres mehr Erfolg bringen.

Aus Korea gab es leider Bad News, der potentielle Vater ist kein Vater,  zumindest nicht meiner,  behauptet er.  Nun hat mich SangAh gefragt,  ob ich  darüber enttäuscht bin.   Tatsächlich habe ich mir den ganzen Tag die gleiche Frage gestellt.  Ich bin sicher ein wenig enttäuscht,  in erster Linie aber doch erleichtert  mit ein bisschen bitterem Beigeschmack.

Gerade ist auch mein Countdown umgesprungen.  8 Tage sind es nur noch!

 

Total volle Hose

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Nur noch 9 Tage, NEUN TAGE! Das ist kaum mehr als eine Woche. Und es ist noch so viel zu tun. Mein Kopf ist so voll, wenn ich darin nach Informationen suche, finde ich immer wieder nur ein lautes: ERROR! Kennt ihr das noch: „Press play on tape!“? Mit etwa dieser Geschwindigkeit scheint mein Gehirn momentan zu arbeiten. Und nein, das ist nicht immer so. Nur falls jemand auf den Gedanken kommen sollte, es wäre so.

Mittlerweile habe ich schon einige Klamotten zusammen gesucht und bereit gelegt. Am Samstag werde ich anfangen den Koffer zu packen. Und dann ist es nur noch eine Woche bis es los geht.
Heute habe ich mir noch die letzte Impfung abgeholt. Zumindest das ist nun erledigt. Mein Bahnticket wollte ich auch fertig machen, musste allerdings nach ausgiebigem Studieren der Anleitung feststellen, dass ich das frühestens 78 Stunden vorher machen kann. Vermutlich werde ich so fahren, dass ich gegen 16:30h am Fernbahnhof des Frankfurter Flughafens ankomme. Dort werde ich mein Gepäck abgeben und mir noch ein bisschen die Zeit vertreiben. Wahrscheinlich wird Michael mich nur nach Nienburg bringen können. Leider habe ich niemanden für die Kinder. Dabei hatte ich so sehr gehofft, dass er mich wenigstens bis nach Hannover begleiten könnte. Naja, ich schaffe das schon. Ich wäre aber gerade nicht besonders unglücklich, sollte jemand für mich würfeln und mich auf das Feld:“Gehe drei Felder zurück “ oder so ziehen.
Ich habe wirklich und wahrhaftig die Hosen gestrichen voll. Bei dem Gedanken daran, bald in den Flieger nach Korea zu steigen tobt ein riesiger Wirbelsturm in mir. Übelkeit, Angst, Schwindel, tausend Bedenken und natürlich auch Vorfreude und Spannung. Wobei die Angst eindeutig überwiegt. Ich hoffe, dass sich das im Zug legen wird.

In der FTH Gruppe ist auch ordentlich was los. Es sind alle sehr aufgeregt und machen sich ziemlich viele Gedanken. Also bin ich auch damit nicht alleine.
In Korea wird unterdessen sehr fleißig für uns gearbeitet. 오명석 hat mir erlaubt euch seinen Teil der Arbeit zu zeigen.  Er hat sich unter anderem um die Teilnehmerausweise gekümmert,  die zugleich auch unsere Fahrausweise sind.

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Ich finde,  dass sie toll aussehen.  Und ich freue mich darauf meinen Ausweis entgegen zu nehmen.  Ha!  Habt ihr es bemerkt? Da hat sich glatt die Vorfreude in den Vordergrund gedrängelt,  ein gutes Gefühl. Außerdem hat er alle unsere Flüge im Flight Track gelistet.  Das sieht schon irgendwie cool aus.  Es muss spannend sein,  wenn wie unterwegs sind,  die Flüge zu verfolgen.
Ich schaue jeden Abend auf Flightradar was Flug KE906 gerade macht.  Gestern ist er erst mit zwei Stunden Verspätung gestartet und heute waren es immerhin 30 Minuten.  Also drückt mir die Daumen,  dass ich pünktlich abheben werde. In neun Tagen! Ach,  das hatte ich bereits erwähnt?  Muss mir wohl entfallen sein. 😉

Waaaahhhh! Nur noch 11 Tage, ELF!

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Hilfe! Die Zeit ist so verflogen und meine To-Do-Liste existiert noch immer nur in meinem Kopf. Und selbst dort ist sie unvollständig. Ich habe auch noch immer keine Ahnung was ich einpacken soll und eine Einkaufsliste habe ich auch noch nicht. In meinem Kopf rauscht es nur so. Ich habe noch immer keine Ahnung was mich erwartet, obwohl ich heute eine E-Mail von meiner niederländischen Alumni (ehemalige FTH Teilnehmerin) bekommen habe. Sie schrieb mir, dass ich mich auf eine extreme Reise gefasst machen sollte, mit vielen extremen Gefühlen. Aber dass diese Reise auch sehr viel Positives bringt und sie sich nie allein gefühlt hat. Davor habe ich ja auch Angst, dass ich da alleine sitze und mich nichtmal auf Deutsch verständigen kann. Allerdings berichten einige andere mit ähnlichen Erfahrungen auch davon, dass sich die Adoptierten in diesen Gruppen sehr nahe stehen.

Manchmal, naja ziemlich oft, möchte ich mein Ticket stornieren und das alles rückgängig machen. Ich bin mir nicht sicher, ob das wegen des Flugs ist oder wegen Korea oder wegen der birth family Suche oder weil ich einfach nur Schiss habe.  Wahrscheinlich wegen allem ein bisschen. Und dann muss ich ja noch alleine zum Flughafen. Ich hätte mich gefreut, wenn Michael mich begleiten könnte. Aber nach Frankfurt ist es einfach zu weit. :/ Zum Glück kenne ich wenigstens den Frankfurter Flughafen, sonst wäre ich da schon verloren. Und weil ich ja non-stop fliege, kann ich auch unterwegs nicht verloren gehen. Aber elf Stunden im Flieger machen mich auch nicht gerade fröhlich. Da hilft auch die Aussicht auf Tetris und Bibmbap nur wenig.

Gerade habe ich auf flightradar meinen Flug verfolgt. Das heißt dass ich in genau 11 Tagen hier sein werde:

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Ich kann es mir noch immer nicht richtig vorstellen. Irre, ich auf einem Langstreckenflug und dann ausgerechnet nach Korea, verrückt irgendwie.

 

 

Ein schöner Abend mit leckerem Essen

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Um mich nochmal auf die Reise einzustimmen bin ich heute mit einer lieben Freundin koreanisch essen gegangen. Und es war sehr lecker. Es gab Kimbap, Bibimbap und äh,…Kimchipfannkuchen. Das war richtig schön.

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Sieht das nicht toll aus? Natürlich musste ich mich mit den koreanischen Metallstäbchen rumschlagen. Aber ich bin tatsächlich satt geworden. Hm, na gut, als mein Topf einfach nicht leerer werden wollte, habe ich dann doch meinen Löffel bemüht. Schließlich wollten wir ja auch irgendwann mal nach Hause.

Also noch einmal vielen Dank für den tollen Abend.

Kirche mal anders

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Diese Woche war furchtbar stressig. Ich kam mir vor wie ein Taxidienst. Außerdem gab es keine Chance etwas Regelmäßigkeit in unseren Alltag zu bringen. Ich war also völlig platt. Wenigstens konnte ich so mal wieder schlafen. Leider mussten wir das Treffen mit unseren Koreanern am Freitag ausfallen lassen. Das war so schade aber mit allen Kindern und keinen Nerven wäre das eine Katastrophe geworden. Damit ich aber nicht auch noch meine koreanische Begrüßung vergesse (im Moment bin ich einfach nicht in der Lage mir irgendwas zu merken) sind wir heute nach Bremen gefahren. Dort gibt es eine evangelische koreanische Gemeinde. Schon lange hatten wir vor dort an einem Gottesdienst teilzunehmen. Und nun hat es endlich geklappt.

Mit Hyongu haben wir  vorher vereinbart, dass wir hinterher zusammen lernen werden. Ich sag es euch, irgendwann wird er in Tränen ausbrechen oder mich alternativ in doe Aller schubsen. Er müht sich immer so mit mir ab und ich vergesse alles. Für das nächste Mal hat er geplant mir einen Zettel mit den wichtigsten Phrasen zu schreiben, sozusagen ein persönlicher Mini-Sprachführer. Das wird also meine Überlebenspolice in Seoul. Ich hoffe wirklich, dass ich dort niemals verloren gehen werde. Ich würde vermutlich nie mehr nach Hause finden.

Nach Bremen sind wir zu Viert gefahren, Mini haben wir bei meinen Eltern gelassen. Wir sind sehr herzlich empfangen worden. Als wir kamen, hatte der Gottesdienst schon begonnen und wir blieben im Eingang stehen um uns zu orientieren. Aber es kamen direkt Menschen, die uns Plätze anboten und uns sogar ein Gesangbuch gaben. Im Anschluss haben uns Hyongu und SangAh begrüßt und uns zum Essen eingeladen. In der Gemeinde ist es Sitte, sich nach der Kirche noch im Gemeinderaum zu treffen und gemeinsam zu essen. Dort war auch Mikyung und hat uns gefragt, wie meine Fortschritte sind. Aber da gab es leider nicht viel zu berichten. Ich habe mich aber sehr gefreut sie zu sehen. Wir wurden einigen anderen Koreanern vorgestellt und alle waren sehr freundlich und offen, ja fast herzlich. Ich habe mich sofort sehr wohl gefühlt, was ir sonst unter Fremden eher schwer fällt.

Auch diese Erfahrung stimmt mich nachdenklich. Wie viel Korea steckt in mir? Diese Frage habe ich schon häufiger erwähnt und sie beschäftigt mich immer mehr. Wenn ich überlege wie sehr ich Korea als Kind und als Jugendliche und auch später noch abgelehnt habe, scheint mir mein Interesse fast ein bisschen unheimlich. Es ist als hätte irgendetwas in mir sich gelöst, sich einen Weg gesucht, um hervor zu brechen. Und nun sauge ich alles auf. Ja, ich genieße es sogar diese mir fremde Kultur kennenzulernen und vielleicht lerne ich auch sie als Teil von mir zu sehen und zu akzeptieren. Vorhin kam mir der Gedanke, wie seltsam es wäre, würden wir jeden Sonntag mit den Kindern diese Gemeinde besuchen. Sie würden wahrscheinlich nach einiger Zeit Koreanisch verstehen und vermutlich viel schneller, viel besser sprechen als ich. Irgendwie eine wirklich merkwürdige Vorstellung.

 

Seelenstriptease? Nein Freiheit!

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Mich fragen hin und wieder Leser meines Blogs, ob ich mich nicht nackt fühle, wenn ich der ganzen Welt erzähle was in mir vorgeht. Auch mein Mann hat mich das schon gefragt. Und die Antwort darauf lautet eindeutig und ganz laut: Nein! Nein ich fühle mich nicht nackig und ich freue mich, wenn Menschen lesen was ich schreibe. Mit so vielen Lesern und positivem Feedback hatte ich niemals gerechnet.
Ich schreibe diesen Blog eigentlich hauptsächlich für mich und natürlich für meine Familie, damit alle wissen, wie es mir geht und wo ich mich herum treibe. Außerdem habe ich in den letzten Jahren immer wieder nach anderen gesucht, die von so einer Reise berichten und deren Erfahrungen ich nutzen kann, um mir die Entscheidung zu erleichtern, ob ich nach Korea fliegen sollte oder nicht. Leider konnte ich nicht viel darüber finden, auf Deutsch sowieso nichts. Ich bin mir sicher, dass es andere Adoptierte gibt, denen dieser Blog helfen wird und das finde ich gut.
Also teilt diesen Blog mit jedem, postet ihn in euren sozialen Netzwerken und bleibt auf und an meiner Seite.

Aber das beste an diesem Blog habe ich erst beim Schreiben bemerkt. Ganz langsam hat sich ein Gefühl eingeschlichen. Zuerst konnte ich es nicht einordnen, je öfter ich aber gefragt wurde, ob ich mich nicht unwohl fühle, wenn alle lesen können, was ich schreibe, desto klarer wurde es mir. Ich fühle mich frei. Frei zu erzählen was ich von mir erzählen möchte. So viel ich erzählen möchte und vor allem, wem ich es erzählen möchte. Ich bin nun 36 Jahre alt. Ich habe keine Ahnung mehr, wann ich angefangen habe zu sprechen. Ich habe allerdings seit diesem Zeitpunkt meine Lebensgeschichte gefühlte Tausend, nein Millionen Mal erzählen müssen. Ständig werde ich gefragt woher ich komme, wo ich geboren wurde, warum ich so gut deutsch spreche, wie ich zu meinem Namen komme, warum ich einen Koreanischen Nachnamen als Vor-und einen niederländischen Nachnamen habe, ja sogar, weshalb ich so groß bin. Je nach Stimmung beantworte ich die Fragen höflich abweisend, offen, freundlich, meist kurz angebunden reserviert, manchmal ignoriere ich sie und manchmal weise ich die Fragen schroff ab. Letzteres führt immer dazu, dass ich groß angesehen werde, in den Augen des Gegenübers blitzt Unverständnis auf und ich merke, wie sich mich abstempeln: unhöflich, unfreundlich, arrogant. Wie oft habe ich mich dabei schon gefragt, warum diese Menschen glauben, sie hätten ein Recht auf meine Lebensgeschichte, auf mein Privatleben? Gehe ich etwa zu einem Fremden und frage ihn woher er kommt und wieso er Deutsch spricht oder warum seine Nase schief ist? Nein, das mache ich nicht, weil ich nicht finde, dass es mich etwas angeht. Und jetzt, hier auf diesem Blog, jetzt endlich kann ich meine Geschichte erzählen, weil ich es möchte. Nicht, weil ich mich dazu gedrängt oder gezwungen fühle. Nein, einfach nur, weil es mir Spaß macht. Und weil ich mich darüber freue, dass es anderen Spaß macht mich auf diesem Wege zu begleiten.
Und bitte fühlt euch nicht auf den Schlips getreten, denn wahrscheinlich hat mir fast jeder von euch mindestens eine der aufgezählten Fragen schon gestellt. Seid euch gewiss, ich habe sie euch gerne beantwortet.

Habe ich hier meine ersten zwei Lebensmonate verbracht?

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wpid-wp-1440627949030.jpegRaphael von Goal hat mir diesen Screenshot geschickt. Die markierte Adresse darauf ist das vermeintliche Haus meiner Birth-Family. Die Satellitenaufnahme dazu sieht übrigens etwa so aus: Screenshot_2015-08-25-16-22-34

Was mich zu der Annahme veranlasste, es handle sich um riesiges Slums. SangAh sagte mir aber, dass es keine Arme Gegend sei. Es scheint ein Stadtteil etwas außerhalb von Seoul zu sein. Ich nehme an, dass ich in Kürze dort in der Straße und auch vor dem Haus stehen werde. Um die Suche noch ein wenig voranzutreiben, habe ich Seonhui vom SWS gebeten ein Telegramm an diese Adresse zu schicken. Sie versprach das zu versuchen und mich zu benachrichtigen, sollte sich daraus etwas ergeben. Also heißt es für mich mal wieder: Abwarten.
Und ihr wisst ja sicherlich wie sehr ich Warten liebe.

Es sind heute noch Screenshot_2015-08-27-00-22-36

bis zum Abflug. Und ich werde immer nervöser. Meine Nerven liegen schon ziemlich blank. Und ich bin nicht sicher woran es liegt. Weil ich meine Kinder zwei Wochen alleine lasse, wegen des langen Fluges oder doch wegen der Familiensuche? Letzteres sollte mich eigentlich kalt lassen. Und doch arbeitet es offensichtlich sehr in mir. Wer weiß was diese Reise zutage bringen wird. Vielleicht erfahre ich auch, dass mein gesamtes bisheriges Leben ganz anders ist, als ich es immer angenommen habe. Ich habe wirklich nicht erwartet, dass mich all diese neuen Informationen so sehr berühren. Sobald aber eine neue E-Mail eintrifft schaue ich sofort gespannt nach und bin enttäuscht und erleichtert zugleich, wenn es nichts Neues gibt. Möglicherweise geht mir auch nur diese Ungewissheit auf den Geist. Den Mails nach wirkt es hin und wieder etwas umorganisiert. Wenn ich zum Beispiel zum fünften Mal gefragt werde, ob ich schon mit der Adoptionsagentur in Kontakt getreten bin, obwohl ich sogar deren Mails weitergeleitet habe. Dann lässt mich das doch ein wenig an der Zuverlässigkeit zweifeln. Allerdings vermute ich stark, dass es schlicht Kommunikationsprobleme oder Übersetzungsfehler beiderseits sind.

Ich weiß nicht mehr, ob ich es erwähnt hatte. Aber momentan läuft ein anders Coming-Home Programm einer Organisation namens NEST. Sie beschäftigen sich weniger mit der Familiensuche, sondern mehr mit dem Land. Rundreisen und Wanderungen stehen da auf dem Programm, auch nach Jeju-do. (An dieser Stelle ist ein äußerst bedauerliches Seufzen zu hören) Jedenfalls kenne ich eine der Teilnehmerinnen aus einer Adoptiertengruppe im Internet. Natürlich verfolge ich ganz gespannt ihre Erlebnisse und die Fotos. Ich muss sagen, dass mich das sehr beruhigt und mir auch Vorfreude macht. Hoffentlich ist unsere Gruppe auch so toll, wie ihre. Jedenfalls bin ich sehr froh, dass ich so schon einmal einen kleinen Einblick ins Land und auch darauf bekomme, wie es sich dort für Adoptierte anfühlt. Danke dafür! :)

Verwirrungen, ein Koffer und ein Ausflug zum Hausbau

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Ja, verwirrt bin ich allerdings so langsam. Vor ein paar Tagen habe ich eine E-Mail aus Korea bekommen, von Goal dieses Mal. Genauer gesagt, von meinem Mentor Raphael. Er hat sich noch einmal als derjenige vorgestellt, der mich bei meiner birth family Suche unterstützen wird. Nun hat er mir geschrieben, dass ich anhand der vorhandenen Namen und alten Adressen meiner Bio-Eltern die aktuelle Adresse herausfinden könnte, sofern sie überhaupt umgezogen sind. Ich war total verwirrt, denn ich wusste nichts von Namen, zumal SWS in der Mail vor einiger Zeit schrieb, dass meine Mutter nicht auffindbar und keine Daten vorhanden seien. Zum Glück hatte Raphael sich auf meine eingesendeten Unterlagen bezogen, die ich natürlich sofort noch einmal genauer gelesen habe. Und dann erinnerte ich mich wieder daran, das ich von Seonhui vom SWS zu Beginn der Jahres auch ein Dokument der Polizei bekommen habe, auf dem protokolliert war, wie ich gefunden wurde. Ich habe mir also erneut die Übersetzung dieses kurzen Protokolls vorgenommen. Und tatsächlich standen darin auch Namen.

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Nun verhält es sich allerdings so, dass ich schon immer davon ausging, dass diese Angaben nicht stimmten. Es scheint aber doch irgendetwas daran richtig zu sein, ansonsten wäre es nicht möglich gewesen jemanden zu finden. Auf dem Dokument wurde die ID entfernt, die angegeben war. Es scheint so etwas wie in den USA die Sozialversicherungsnummer zu sein. So ist es möglich jemanden dadurch zu identifizieren. Auf diese Weise müssen sie den vermeintlichen Vater gefunden haben. Aber das alles verwirrt mich sehr. 36 Jahre lang bin ich davon ausgegangen, dass es über mich außer meines Geburtsdatums keine Informationen gäbe. Und dann soll ich plötzlich sogar Namen und Wohnorte der bio-Eltern haben?

Es sind noch 19 Tage bis zum Abflug und dann bin ich hoffentlich zwei Wochen später etwas schlauer aus der ganzen Geschichte geworden.

Und weil gar nicht mehr so viel Zeit habe, habe ich nun endlich begonnen Dinge zu besorgen
die ich noch brauchte. Und sogar ein bisschen was für den Koffer zu sortieren. Ich befürchte ich werde nach der Reise einen Überseecontainer mieten müssen, damit ich nichts zurücklassen muss. Gibt es Koffer, die groß genug sind, Dinge für die Reise zu transportieren und hinterher auch alle Mitbringsel und was man sonst noch so dabei hat? Es gab damals ein Computerspiel, das hieß Baldur’s Gate. Darin konnte man eine Tasche finden, die „Nimmervoller Beutel“ genannt wurde. Die wurde, wie der Name es versprach, niemals voll und auch nicht schwerer. Es wäre toll, wenn jemand innerhalb der nächsten 19! Tage so etwas erfinden könnte. Ich würde es auch sofort kaufen.

So, genug von der Ferne, jetzt gibt es noch Neuigkeiten zu unserem Hausbau. Nach dem Gespräch mit der Firma Poggenburg bleibt es vorerst beim vereinbarten Termin. Das Haus soll im Dezember aufgestellt werden. Vorher wird noch ein Gespräch mit dem Chef stattfinden, der sich auf dem Grundstück ein Bild vom Bau machen möchte. Außerdem sollte Michael schon den Baustrom beantragen.
Tja, so langsam wird es wirklich ernst. Und ich frage mich, ob das nicht doch ein wenig zuviel Aufregung für mich ist. Aber nun ist es so. Die Geister die ich rief…