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Seelenstriptease? Nein Freiheit!

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Mich fragen hin und wieder Leser meines Blogs, ob ich mich nicht nackt fühle, wenn ich der ganzen Welt erzähle was in mir vorgeht. Auch mein Mann hat mich das schon gefragt. Und die Antwort darauf lautet eindeutig und ganz laut: Nein! Nein ich fühle mich nicht nackig und ich freue mich, wenn Menschen lesen was ich schreibe. Mit so vielen Lesern und positivem Feedback hatte ich niemals gerechnet.
Ich schreibe diesen Blog eigentlich hauptsächlich für mich und natürlich für meine Familie, damit alle wissen, wie es mir geht und wo ich mich herum treibe. Außerdem habe ich in den letzten Jahren immer wieder nach anderen gesucht, die von so einer Reise berichten und deren Erfahrungen ich nutzen kann, um mir die Entscheidung zu erleichtern, ob ich nach Korea fliegen sollte oder nicht. Leider konnte ich nicht viel darüber finden, auf Deutsch sowieso nichts. Ich bin mir sicher, dass es andere Adoptierte gibt, denen dieser Blog helfen wird und das finde ich gut.
Also teilt diesen Blog mit jedem, postet ihn in euren sozialen Netzwerken und bleibt auf und an meiner Seite.

Aber das beste an diesem Blog habe ich erst beim Schreiben bemerkt. Ganz langsam hat sich ein Gefühl eingeschlichen. Zuerst konnte ich es nicht einordnen, je öfter ich aber gefragt wurde, ob ich mich nicht unwohl fühle, wenn alle lesen können, was ich schreibe, desto klarer wurde es mir. Ich fühle mich frei. Frei zu erzählen was ich von mir erzählen möchte. So viel ich erzählen möchte und vor allem, wem ich es erzählen möchte. Ich bin nun 36 Jahre alt. Ich habe keine Ahnung mehr, wann ich angefangen habe zu sprechen. Ich habe allerdings seit diesem Zeitpunkt meine Lebensgeschichte gefühlte Tausend, nein Millionen Mal erzählen müssen. Ständig werde ich gefragt woher ich komme, wo ich geboren wurde, warum ich so gut deutsch spreche, wie ich zu meinem Namen komme, warum ich einen Koreanischen Nachnamen als Vor-und einen niederländischen Nachnamen habe, ja sogar, weshalb ich so groß bin. Je nach Stimmung beantworte ich die Fragen höflich abweisend, offen, freundlich, meist kurz angebunden reserviert, manchmal ignoriere ich sie und manchmal weise ich die Fragen schroff ab. Letzteres führt immer dazu, dass ich groß angesehen werde, in den Augen des Gegenübers blitzt Unverständnis auf und ich merke, wie sich mich abstempeln: unhöflich, unfreundlich, arrogant. Wie oft habe ich mich dabei schon gefragt, warum diese Menschen glauben, sie hätten ein Recht auf meine Lebensgeschichte, auf mein Privatleben? Gehe ich etwa zu einem Fremden und frage ihn woher er kommt und wieso er Deutsch spricht oder warum seine Nase schief ist? Nein, das mache ich nicht, weil ich nicht finde, dass es mich etwas angeht. Und jetzt, hier auf diesem Blog, jetzt endlich kann ich meine Geschichte erzählen, weil ich es möchte. Nicht, weil ich mich dazu gedrängt oder gezwungen fühle. Nein, einfach nur, weil es mir Spaß macht. Und weil ich mich darüber freue, dass es anderen Spaß macht mich auf diesem Wege zu begleiten.
Und bitte fühlt euch nicht auf den Schlips getreten, denn wahrscheinlich hat mir fast jeder von euch mindestens eine der aufgezählten Fragen schon gestellt. Seid euch gewiss, ich habe sie euch gerne beantwortet.

Ein Gedanke zu „Seelenstriptease? Nein Freiheit!“

  1. Hallo Kim,
    ich finde deinen Blog wunderschön geschrieben und
    verfolge ihn auch sehr interessiert. Ich finde mich in deinen Texten oft selber wieder, scheint für dich vielleicht komisch, aber diese Fragen, die dir gestellt werden, passieren mir auch oft. Ich reagiere genauso wie du oder manchmal, wenn meine Stimmung das zu lässt und mich wieder fremde Omis ansprechen wie gut ich doch Deutsch spreche kann, sage ich dass ich erst zwei Wochen in Deutschland bin;-). Da ich das auch gerade nicht mehr hören kann.
    Ich sehe ja auch noch aus wie Koreanerin, fühle mich aber wie eine Deutsche. In Korea bin auch fremd, früher hat man meine Cousine gefragt, woher ich komme, auch wenn ich noch nichts gesagt hatte.
    Ich bin hier in Verden geboren, hatte nicht so viel Kontakt zu Koreanern, was auch daran liegt, dass es damals in dieser Region nicht viele Koreaner gab.
    Als ich nach Düsseldorf zum Studieren ging, habe ich auf einmal viele Koreaner kennengelernt, fühlte mich aber dort auch als Aussetzige, nicht wie ein Kojopo (so nennen sie sich). Ich habe mich früher oft gefragt, wohin ich gehöre. Heute weiß ich es, meine Heimat ist dort, wo ich mich wohl fühle, dass ist hier bei meiner Familie und meinen Freunden.
    Mach weiter, bleib so wie du bist! Ich wünsche dir eine schöne Zeit in Korea.
    Drück dich! Mi-Ji

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